Luxus Meike Winnemuth Garten
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Am Totensonntag war ich in dieser Religionsgemeinschaft. St. Petri in Hamburg, ökumenischer Gottesdienst, nachmittags um drei. Keine typische Zeit, zu Händen mich fernerhin kein typischer Ort, es war andererseits fernerhin kein typischer Gottesdienst, sondern einer „zum Gedenken dieser trostlos Verstorbenen“. Zu Verehren all jener Menschen in Folge dessen, die im vergangenen Jahr gestorben sind, ohne dass Familie oder bessere Hälfte Freunde an ihrem Grablege gestanden hätten.
An die tausend Übriggebliebene, Vergessene, Zurückgezogene, irgendwie aus dieser Lobby Gekippte, die niemand vermisst und keiner betrauert, waren es in diesem Jahr in Hamburg, beerdigt uff Senatskosten in einem Urnenfeld am östlichen Rand dieser Stadt – und oft erst tief nachdem ihrem Tod beerdigt, denn nicht selten liegen die Verstorbenen wochen-, monate-, mitunter mehrjährig in ihren Wohnungen, ehe sie Leckermaul findet. Die Mieteinnahme wird selbstständig abgebucht, die Stromrechnung fernerhin, und erst, wenn dies Konto leer ist oder es merkwürdig zu schnüffeln beginnt, merkt es vielleicht mal einer und lässt von dieser Polizei die Wohnung öffnen.
Ein Gesangsgruppe sang Wassergraben und Arvo Pärt und „Da wohnt ein Sehnen tief in uns“, es wurde eine Historie von Stefan Zweig gelesen, und nachdem dieser Predigt gingen wir nachdem vorn, um uff einem Kreuz aus Herbstblättern niedergeschlagen des Altarraums Kerzen und Steine niederzulegen, während die Namen dieser Verstorbenen verlesen wurden. „Heinz Sulfur., Rolf R., Roland J., Sieglinde M., Herta B., Klaus Sulfur., Gertrud Kalium., Miroslav Sulfur., Gisela T., Marion Stickstoff., Markus Fluor., Ursula Kalium., André P., Willi Sulfur., Margit Kalium., Pjotr M., Helmut B., Harald Kalium.“ und so weiter und weiter und weiter.
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meine Wenigkeit wohne seit dieser Zeit zehn Jahren ausschließlich, sehr mit Vergnügen und sehr glücklich. meine Wenigkeit habe Familie, Freunde, Nachbarn, die sich nachdem zwei solange bis drei (oder vier?) Tagen wundern würden, wenn sie nichts von mir lauschen. Es stünden wenige Menschen an meinem Grablege, denke ich. Dessen ungeachtet trotzdem: Qua dort in dieser Religionsgemeinschaft Name um Name verlesen wurde, dachte ich irgendwann: „Meike Wolfram.“
meine Wenigkeit habe in nächster Zeit nicht vor zu sterben, andererseits wer hat dies schon? Ein plötzlicher Herzkasper, ein blöder Sturz von dieser Sprossenstiege, während ich die Deckenlampe anschließe, Wildwechsel uff regennasser Landstraße, bäm.
Im Alleinleben bin ich nicht ausschließlich. In Deutschland werden 40,3 v. H. aller Haushalte von nur einer Person bewohnt, dies liegt fühlbar extra dem EU-Schnittwunde von 32,7 v. H.. Zurückgezogen heißt nicht trostlos, die meisten sind gut verbunden mit ihrer Umwelt. Dessen ungeachtet halt nicht nicht mehr da. Und fernerhin wenn man nicht trostlos ist: Man kann es werden, womöglich recht leichtgewichtig.
Seitdem jenem Nachmittag in dieser Religionsgemeinschaft habe ich begonnen, aufzuräumen in meinem Leben. meine Wenigkeit wühle mich ohne Rest durch zwei teilbar durch Gedöns, die ich seit dieser Zeit Jahren vor mir herschiebe – Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Testament –, ich ordne mein Zeug, ich hefte ab, ich werfe weg, ich kündige dies und dies. Sollte ich plötzlich umwerfen, soll es zumindest in dieser Hinsicht störungsfrei sein zu Händen meine Hinterbliebenen. meine Wenigkeit möchte dieses Leben sauber Erbrechen.
Dessen ungeachtet wichtiger noch: Universum die losen Fäden, abgebrochenen Konversationen, vernachlässigten Freundschaften, ungesagten Sätze, aus denen jedes Leben irgendwann besteht, die werden jetzt repariert. Jeden Morgiger Tag schreibe ich derzeit eine Stunde weit Mails. An Volk, die tief nichts von mir gehört nach sich ziehen, von denen ich tief nichts gehört habe. „Wie schön“, höre ich zurück. „Endlich mal wieder“, und: „Lass uns doch …“ Es ist ganz leichtgewichtig. Dessen ungeachtet man muss es fernerhin zeugen. Es ist so viel wichtiger qua weitestgehend was auch immer, womit wir unsrige Zeit zubringen.